Arbeitskampf
Alle wichtigen Informationen zu Rechten und Pflichten im Falle eines Arbeitskampfes sowie über die Auswirkungen einer Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen für das Arbeitsverhältnis von Beschäftigten der Leuphana finden Sie nachfolgend. Die Hinweise informieren über den Rechtsstand am 01.07.2022. Es wird ausdrücklichdarauf hingewiesen, dass die Hinweise eine zusammenfassende Information über die maßgeblichen Rechtsvorschriften enthalten und das Studium dieser Rechtsvorschriften nicht ersetzen können. Sie enthalten keine Auskünfte zu allen Detailfragen und berücksichtigen keine evtl. individuellen Besonderheiten.
Rechte und Pflichten
Beschäftigte in einem tarifrechtlichen Arbeitsverhältnis dürfen sich an rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen beteiligen, wenn sie nicht zur Leistung von Notdienst verpflichtet sind.
Die Beteiligung an rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen ist nicht zulässig. Bei Teilnahme an einer solchen Maßnahme können sich arbeitsrechtliche Folgen ergeben, wie z.B. eine außerordentliche Kündigung oder eine Schadensersatzpflicht. Zu rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen zählen u.a.
- die eigenmächtige Benutzung von Räumlichkeiten und Gegenständen (z. B. Fahrzeuge und Geräte) des Arbeitgebers im Zusammenhang mit Arbeitskampfmaßnahmen,
- Streikausschreitungen, z.B. die Blockade der Zugangs-/Zufahrtswege bzw. Abgangs-/Abfahrtswege durch Menschen usw., die Behinderung von arbeitswilligen Beschäftigten oder Besucher*innen, tätliche Übergriffe oder Angriffe auf arbeitswillige Beschäftigte oder Besucher*innen oder die Beschädigung von betrieblichen Einrichtungen.
Rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen können arbeitsrechtliche (z.B. Abmahnung, Kündigung, Schadensersatz) und strafrechtliche Folgen (z.B. Anzeige wegen Beleidigung, Körperverletzung, Nötigung, Sachbeschädigung) auslösen.
Beschäftigte, die sich an Arbeitskampfmaßnahmen nicht beteiligen, werden solange wie möglich beschäftigt.
Auswirkungen einer Arbeitskampfmaßnahme auf das Arbeitsverhältnis
1. ALLGEMEINES
- Durch die Teilnahme an rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen wird das Arbeitsverhältnis der einzelnen Beschäftigten nicht aufgelöst. Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag ruhen jedoch für die Dauer der Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen.
- Nach Beendigung der Arbeitskampfmaßnahmen haben Beschäftigte einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung, es sei denn, dass das Arbeitsverhältnis wirksam gekündigt oder auf andere Weise beendet worden ist.
2. ARBEITSENTGELT, JAHRESSONDERZAHLUNG, FEIERTAGSBEZAHLUNG
- Für die Dauer der Beteiligung an einer Arbeitskampfmaßnahme haben Beschäftigte keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Das gilt auch für gewerkschaftlich organisierte oder nicht organisierte Arbeitswillige, die infolge der Arbeitskampfmaßnahme in ihrer Verwaltung nicht beschäftigt werden (z.B. wegen Beeinflussung oder Behinderung durch Streikposten, Stilllegung der Verwaltung/des Betriebes, Ausfall der Verkehrsmittel). Beschäftigte, bei denen durch die Mitwirkung an der Vorbereitung oder Durchführung der Urabstimmung oder wegen Teilnahme an dieser Arbeitszeit ausgefallen ist, haben ebenfalls keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt.
- Ein Anspruch der Beschäftigten auf Nachholung der durch eine Arbeitskampfmaßnahme ausgefallenen Arbeitszeit besteht nicht.
- Beschäftigte, deren Verwaltung nicht bestreikt wird, die jedoch infolge einer Arbeitskampfmaßnahme (z.B. wegen Ausfalls der Strom- oder Gasversorgung oder der Verkehrsmittel) nicht oder nur in einem geringeren Umfange beschäftigt werden können, haben ebenfalls keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt für die ausgefallene Arbeitszeit.
- Soweit Arbeitsentgelt bereits für Zeiten gezahlt worden ist, für die kein Entgeltanspruch besteht, sind die Beschäftigten zur Rückzahlung verpflichtet.
- Steht infolge der Arbeitskampfmaßnahme für mindestens einen vollen Kalendermonat kein Arbeitsentgelt zu, ergeben sich entsprechende Auswirkungen auf den Stufenlauf (§ 17 Abs. 3 Satz 2 TV-L), soweit die Endstufe nicht erreicht ist, auf die Jahressonderzahlung (§ 20 Abs. 4 TV-L) und auf die Dauer des Erholungsurlaubs (§ 26 Abs. 2 Buchst. c TV-L), soweit sie den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt.
- Während eines Arbeitskampfes haben streikende Beschäftigte keinen Anspruch auf Feiertagsbezahlung nach § 2 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Für gesetzliche Feiertage während eines Arbeitskampfes steht die Feiertagsbezahlung zu, wenn Feiertage in den bewilligten Urlaub von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fallen. Ein Anspruch besteht aber nicht für in einen Arbeitskampf fallende Feiertage, die einem bewilligten Urlaub unmittelbar vorausgehen oder sich an ihn unmittelbar anschließen.
- Überstundenvergütung steht auch bei einem rechtmäßigen Streik nur zu, wenn Beschäftigte tatsächlich mehr Arbeitsstunden leisten, als nach der jeweils maßgeblichen Wochenarbeitszeit (z.B. nach Dienstplan) zu erbringen sind. Es wird nur die tatsächlich aktiv erbrachte Arbeitszeit berücksichtigt. Auf die Streikteilnahme entfallende Zeiten bleiben unberücksichtigt, sie werden weder der tatsächlich erbrachten Arbeitszeit hinzugerechnet noch von der zu erbringenden wöchentlichen Arbeitszeit abgezogen.
3. ENTGELT IM KRANKHEITSFALL
- Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall setzt voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist.
- Beschäftigte, die vor Beginn der Arbeitskampfmaßnahme arbeitsunfähig geworden sind, haben vom Zeitpunkt des Beginns der Arbeitskampfmaßnahme an keinen Anspruch auf Entgelt im Krankheitsfall (z.B. nach § 22 TV-L), wenn der Teil der Verwaltung/des Betriebes, in dem sie arbeiten würden, durch die Arbeitskampfmaßnahme zum Erliegen kommt und die Beschäftigten deshalb auch ohne die Arbeitsunfähigkeit wegen der Arbeitskampfmaßnahme keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hätten. Tritt die Arbeitsunfähigkeit erst während der Arbeitskampfmaßnahme ein, besteht unter den gleichen Voraussetzungen ebenfalls kein Anspruch auf Entgelt im Krankheitsfall.
- Arbeitsunfähige Beschäftigte, denen kein Anspruch auf Entgelt im Krankheitsfall zusteht, haben, wenn sie pflichtversichert sind, Anspruch auf Krankengeld gegen ihre Krankenkasse.
- Dauert die Arbeitsunfähigkeit nach der Beendigung des Arbeitskampfes an, besteht wieder Anspruch auf Entgelt im Krankheitsfall, soweit die Bezugsfrist noch nicht abgelaufen ist.
- Eine Verlängerung der Bezugsdauer nach § 22 TV-L um die Zeit, für die kein Anspruch besteht, tritt nicht ein.
4. ARBEITGEBERZUSCHUSS NACH § 14 MUTTERSCHUTZGESETZ (MUSCHG)
Für den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG gelten die Ausführungen in Nr. 3 entsprechend.
5. URLAUB, ARBEITSBEFREIUNG
- Streikenden Beschäftigten kann grundsätzlich Urlaub nicht gewährt werden. Befinden sich Beschäftigte beim Beginn einer Arbeitskampfmaßnahme bereits im Urlaub, läuft dieser weiter. Ein vor Beginn der Arbeitskampfmaßnahme bewilligter Urlaub ist anzutreten.
- Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung (z.B. nach § 29 TV-L) besteht nicht für Tage, an denen sich Beschäftigte an der Arbeitskampfmaßnahme beteiligen oder an denen sie infolge der Arbeitskampfmaßnahme nicht arbeiten können. Eine Ausnahme gilt für arbeitswillige Beschäftigte, die infolge der Arbeitskampfmaßnahme nicht arbeiten können, nur dann, wenn bei Beginn der Arbeitskampfmaßnahme die Arbeitsbefreiung bereits festgelegt war.
6. BEIHILFEN
Beihilfen gemäß der Protokollerklärung zu § 13 TVÜ-Länder werden nicht zu Aufwendungen gewährt, die in Zeiten entstanden sind, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Beteiligung an einer Arbeitskampfmaßnahme geruht hat und die Beschäftigte aus diesem Grunde keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatten. Dies gilt auch für sonstige Beschäftigte, die wegen einer Arbeitskampfmaßnahme keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt haben (vgl. Nr. 2).
7. ALTERSTEILZEIT IM BLOCKMODELL, SABBATICAL
Bei Altersteilzeitbeschäftigten, die sich während der Arbeitsphase des Blockmodells an Streikmaßnahmen beteiligen, verlängert sich die Arbeitsphase entsprechend § 8 Abs. 2 TV ATZ um die Hälfte der Tage ohne Entgeltanspruch; in gleichem Umfang verkürzt sich die Freistellungsphase. Entsprechendes gilt im Fall eines Sabbaticals.
8. STÖRUNGEN AUF DEM WEG ZUM ARBEITSPLATZ INFOLGE EINER ARBEITSKAMPFMASSNAHM
Können arbeitswillige Beschäftigte infolge einer Arbeitskampfmaßnahme ihren Arbeitsplatz mit den sonst benutzten Verkehrsmitteln nicht rechtzeitig erreichen (z.B. wegen des Ausfalls öffentlicher Verkehrsmittel), haben sie im Rahmen des Zumutbaren alle anderen Möglichkeiten zu nutzen, um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen und den Arbeitsausfall so gering wie möglich zu halten. Es kann sinnvoll sein, ggf. unter Beteiligung der Verwaltung z.B. Fahrgemeinschaften zu bilden. Ein Ersatz von zusätzlichen Fahrkosten kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Hinsichtlich des Arbeitsentgelts für ausgefallene Arbeitszeit wird auf Nr. 2 verwiesen.
9. KRANKENVERSICHERUNG
- Während der Dauer eines rechtmäßigen Arbeitskampfes besteht die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der gesetzlichen Krankenversicherung fort (vgl. § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).
- Die Mitgliedschaft von in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wird durch den Wegfall des Entgelts infolge eines Arbeitskampfes ebenfalls nicht berührt. Dies gilt auch für die bei einer privaten Krankenversicherung versicherten Beschäftigten.
- Mit dem Wegfall des Entgeltanspruchs infolge des Arbeitskampfes entfällt der Anspruch auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag nach § 257 Abs. 1 oder 2 SGB V. Besteht infolge eines Arbeitskampfes nur für Teile eines Monats ein Entgeltanspruch und damit auch nur für Teile eines Monats Anspruch auf den Beitragszuschuss, ist dieser nach § 223 SGB V zu berechnen, d.h. für jeden Tag mit Entgeltanspruch besteht Anspruch auf ein Dreißigstel des monatlichen Beitragszuschusses.
- Während eines rechtswidrigen Arbeitskampfes besteht die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der gesetzlichen Krankenversicherung längstens für einen Monat ab Beginn des Arbeitskampfes fort (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV, § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).
10. PFLEGEVERSICHERUNG
- Für das Fortbestehen der Pflegeversicherung verweist § 49 Abs. 2 SGB XI auf die entsprechenden Regelungen im Krankenversicherungsrecht. Die Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung besteht daher nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V während eines rechtmäßigen Arbeitskampfes fort.
- Die Ausführungen zum Anspruch auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag unter Nr. 1 gelten für den Anspruch auf den Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag nach § 61 Abs. 1 oder 2 SGB XI entsprechend.
11. RENTENVERSICHERUNG
Beschäftigte bleiben bei Wegfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt infolge der Arbeitskampfmaßnahme ohne zeitliche Begrenzung in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Beiträge sind für die Zeit, für die kein Entgeltanspruch besteht, nicht zu entrichten. Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Beteiligung an einem Arbeitskampf oder infolge eines Arbeitskampfes ohne Beitragsleistung ruht, sind keine anrechnungsfähigen Versicherungszeiten und können auch nicht als Ersatzzeiten oder Ausfallzeiten berücksichtigt werden. Sie können für die Erfüllung der Wartezeit und zur Rentensteigerung angerechnet werden, wenn für sie freiwillige Beiträge entrichtet werden.
12. ARBEITSLOSENVERSICHERUNG
Da während des Arbeitskampfes kein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, sind auch keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu entrichten. Derartige Zeiten dienen, soweit sie einen Monat überschreiten, nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 142 SGB III) und sind insoweit auch bei der Berechnung der Dauer dieses Anspruchs nicht zu berücksichtigen (§ 147 SGB III).
13. UNFALLVERSICHERUNG
Die an der Arbeitskampfmaßnahme beteiligten Beschäftigten stehen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt insbesondere auch für Unfälle, die sich auf dem Wege zu der oder von der Arbeitsstelle ereignen, wenn die Arbeitsstelle aufgesucht wurde, um sich an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen.
14. BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG
Die Pflichtversicherung bei der Zusatzversorgungseinrichtung bleibt auch in der Zeit, in der Beschäftigte wegen der Arbeitskampfmaßnahme keinen Entgeltanspruch haben, bestehen. Ergeben sich volle Kalendermonate, für die keine Umlagen usw. zu entrichten waren, oder vermindert sich wegen des Wegfalls des Arbeitsentgelts das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, kann dies zu einer geringeren Betriebsrente führen. Kalendermonate, für die keine Umlagen usw. zu entrichten waren, können bei der Wartezeit nach § 6 Abs. 1 ATV (60 Kalendermonate), die für eine Gewährung der Betriebsrente erfüllt sein muss, nicht berücksichtigt werden. Die gesetzlichen Regelungen über die Unverfallbarkeit der Anwartschaften sind in diesem Zusammenhang allerdings zu beachten (vgl. hierzu § 34 Abs. 4 Satz 2 VBLS).
Kontakt
Die vorstehenden Informationen können eine evtl. im Einzelfall erforderliche Auskunft nicht ersetzen. Bitte wenden Sie sich bei Klärungsbedarf und Fragen an die folgenden Kolleg:innen in der Abteilung Personal:
- Marie Webs