Bestürzung nach Berichten über Missbrauchsnetzwerk

26.02.2024

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Studierende,

Wissenschaftler:innen der Universität Hildesheim haben am vergangenen Freitag in Berlin den Ergebnisbericht zu ihrem Forschungsprojekt „Helmut Kentlers Wirken in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe“ vorgestellt (www.uni-hildesheim.de/fb1/institute/institut-fuer-sozial-und-organisationspaedagogik/forschung/laufende-projekte/jugendhilfeberlin/). Zu den Erkenntnissen dieser Untersuchung zählt die Aufdeckung eines Netzwerks von Akteur:innen, durch die pädokriminelle Handlungen umgesetzt, geduldet, arrangiert und legitimiert wurden.

Diesem Netzwerk gehörte laut Bericht u.a. auch Prof. Dr. Herbert Ernst Colla-Müller an, der bis zum Jahr 2009 an der Leuphana Universität Lüneburg als Professor für Sozialpädagogik arbeitete. Er starb im Jahr 2017. Zu seiner Person heißt es in der Untersuchung unter anderem: „Derzeit kann es als erwiesen gelten, dass Gerold Becker, Herbert E. Colla-Müller und Helmut Kentler sexualisierte Gewalt ausgeübt haben.“

Diese neuen Erkenntnisse über ein ehemaliges Mitglied der Leuphana rufen bei uns als Leuphana Universität Lüneburg große Bestürzung hervor. Das Präsidium der Universität sowie die Wissenschaftler:innen des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik der Leuphana (IFSP) werden den konkreten Lüneburger Fall in einem tiefergehenden Aufklärungsprozess untersuchen. Wir wollen dabei insbesondere mögliche weitere Betroffene dazu ermutigen, sich zu melden, um ihnen soweit wie möglich Hilfe und Unterstützung anbieten zu können.

Bei der Aufarbeitung wird es zunächst darum gehen, in Erfahrung zu bringen, ob sich über die im Ergebnisbericht dargestellten Fälle aus der Jugendhilfe hinaus weitere Betroffene finden lassen, auch unter ehemaligen Mitgliedern und Studierenden des Instituts, die bisher noch nicht bekannt sind. Gleichzeitig geht es darum, Transparenz zu schaffen und offenzulegen, inwiefern es personelle und wissenschaftliche Kontinuitäten und Fortschreibungen der wissenschaftlichen und professionellen Aktivitäten von Herbert E. Colla-Müller am IFSP gab und gibt.

Den Institutsmitgliedern ist es sehr wichtig, über den bisherigen Aufarbeitungsprozess hinaus auch die Einbeziehung einer externen Kommission unter Beteiligung von Betroffenen anzubieten, um deren Stimmen Gehör zu verschaffen. Darüber hinaus könnte ein wichtiger Schritt für die wissenschaftliche Aufarbeitung innerhalb der Fachdisziplin der Sozialpädagogik darin bestehen, eine überregionale oder bundesweite Ombudsstelle für Opfer institutionalisierter Gewalt in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik zu schaffen.

Weitere Personen, die möglicherweise betroffen sind, bitten wir in jedem Fall, sich im Sinne der Aufklärung jederzeit an das Forschungsteam um Prof. Dr. Meike Sophia Baader und Prof. Dr. Wolfgang Schroer an der Universität Hildesheim zu wenden. Darüber hinaus stehen etwaig betroffenen Personen Hilfsangebote der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs [https://www.hilfe-telefon-missbrauch.online/, https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/] oder regionale Beratungsstellen (Opferhilfebüro Lüneburg: www.opferhilfe.niedersachsen.de/nano.cms/opferhilfebueros/details/lueneburg, Dunkelziffer e.V. Hamburg: www.dunkelziffer.de, Beratungsstelle für Jungen und Männer bei sexualisierter Gewalt Hamburg: www.basis-praevent.de) für eine professionelle Unterstützung zur Verfügung.

Wir weisen darüber hinaus darauf hin, dass sich aktuelle ebenso wie ehemalige Mitglieder und Angehörige der Universität, falls sie von (sexualisierter) Gewalt am Studien- bzw. Arbeitsort betroffen sein sollten, auch an folgende universitätsinterne Stellen wenden können, die einen geschützten Raum für die Thematisierung erlittenen Unrechts darstellen:

Gleichstellungsbeauftragte:
Dr. Kathrin van Riesen
Universitätsallee 1, Raum 7.323
21335 Lüneburg
Fon +49.4131.677-1060
kathrin.van_riesen@leuphana.de oder gleichstellung@leuphana.de
www.leuphana.de/gleichstellung

Ombudsperson für Studierende und Lehrende:
Thies Reinck
Universitätsallee 1, Raum 10.319
Fon +49.4131.677-1087
thies.reinck@leuphana.de
www.leuphana.de/universitaet/organisation/ombudspersonen.html

Ombudsperson für Wissenschaftliche Mitarbeitende:
Dr. Lea Böcker
Universitätsallee 1, Raum 6.219
Fon +49.4131.677-2452
lea.boecker@leuphana.de
www.leuphana.de/universitaet/organisation/ombudspersonen.html

Personalrat
Daniel Simons (Vorsitzender)
Universitätsallee 1, Raum 7.322
Fon +49.4131.677-1810
personalrat@leuphana.de

Gemeinsam treten wir dafür ein, dass die Universität ein geschützter Raum ist und sein kann. Dies ist insbesondere in Bildungs- und Entwicklungsprozessen wichtig, in denen es oft auch um sensible persönliche Kontexte geht. Wir wollen vor diesem Hintergrund alle uns möglichen Maßnahmen treffen, um diesen geschützten Raum für alle Mitglieder und Angehörigen der Universität und alle darüber hinaus mit ihr in Forschung, Lehre, Studium und Wissensaustausch verbundenen Personen zu ermöglichen und sicherzustellen. Bitte bringen Sie sich nach Ihren Möglichkeiten in diese Bemühungen ein.

Die öffentlichen Stellungnahmen finden Sie unter www.leuphana.de/news/meldungen-universitaet/ansicht/2024/02/25/bestuerzung-nach-berichten-ueber-ein-missbrauchsnetzwerk (für die Universität) und unter www.leuphana.de/institute/ifsp/aktuell/ansicht/2024/02/25/bestuerzung-im-institut-fuer-sozialarbeit-und-sozialpaedagogik-nach-berichten-ueber-ein-missbrauchsnetzwerk (für das Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik).

Für das Präsidium
Sascha Spoun
Präsident